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Hesekiel 11, 15

Hesekiel 11, 15

Gott spricht: Ich schenke ihnen ein anderes Herz und gebe ihnen einen neuen Geist.
Ich nehme das Herz von Stein aus ihrer Brust und gebe ihnen ein Herz von Fleisch.

Hesekiel 11,15
(Monatsspruch Oktober 2009)

 

Mit Begeisterung habe ich als Kind Märchen gelesen. „Das kalte Herz" von Wilhelm Hauff gehörte zu meinen Lieblingsmärchen. Der Köhler Peter will Reichtum und Ansehen und macht einen einfachen Tausch, ein Herz aus Fleisch und Blut gegen ein Herz aus Stein, Gefühle gegen Macht. Erst als sein Entsetzen über seine Kaltherzigkeit kommt, sucht er nach einem Ausweg, nach seinem alten Herzen, das lebt. Er hatte drei Wünsche frei, aber der gute Geist erfüllt nur zwei davon. Einer ist Reserve, falls die Wünsche dumm und unsinnig sind.
Als Erwachsener stelle ich nüchtern fest: „Es ist schwer kein Herz aus Stein zu bekommen." Viel zu leichtfertig verspielen Menschen die Chancen ihres Lebens. Was bleibt, ist Unzufriedenheit trotz materiellen Auskommens. Unsere Gesellschaft ist oft geprägt durch Kälte. Mitgefühl, Fürsorge, Wärme sind Eigenschaften, die nicht gefragt sind.
Allein werden wir das „steinerne Herz" nicht mehr los. Kleine Änderungen sind möglich. „Da fällt mir aber ein Stein vom Herzen!" - damit beschreiben wir einen Moment des Glücks, der Erleichterung, etwas hat sich zum Guten gewendet. Wann haben Sie zum letzten Mal diesen Satz gesagt? Wie vielen Menschen liegt etwas schwer auf der Seele, sie haben oft keinen, dem sie sich anvertrauen können. Und weil sie die Last nicht abgenommen bekommen, werden sie hart und versteinert.
Im Monatsspruch für Oktober zitiert der Prophet Hesekiel ein Gotteswort. Gott fordert nicht, Gott schenkt etwas. Er gibt uns einen neuen Geist, er sagt: „Ich nehme das Herz von Stein aus ihrer Brust und gebe ihnen ein Herz von Fleisch." Wir müssen uns nur beschenken lassen. Ohne den Glauben, ohne Gottes Geist wird sich die Kälte nicht vertreiben lassen. Allein schaffen wir es nicht. Gott beschenkt unser Herz. Wie kann ich mir das praktisch vorstellen?
Jesus öffnet den Jüngern den Blick für die Not der Menschen. Er heilt Kranke. Er tröstet Trauernde. Er speist Hungernde. In der Bergpredigt spricht er von der Not der Menschen, von der inneren und der äußeren Not. Er verheißt ihnen Hilfe und Rettung. Jesus nimmt Armut und Krankheit, Hunger und Heimatlosigkeit nicht einfach hin. Er möchte bewirken, dass seine Jünger helfend eingreifen. Er möchte, dass seine Jünger Menschen in Not beistehen. Wie wichtig Jesus die Hilfsbereitschaft nimmt, können seine Jünger daran erkennen, dass er sie zum Grundthema des Weltgerichtes macht. Gerettet wird, wer Hungrigen zu essen gibt. Gerettet wird, wer Durstigen zu trinken gibt. Gerettet wird, wer Fremde und Obdachlose aufnimmt. Gerettet wird, wer Kranke besucht und Gefangene nicht im Stich läßt. Jesus holt die Notleidenden dieser Welt aus ihrer Anonymität, indem er sagt: In jedem von ihnen begegnest du mir. „Ich war hungrig, durstig, fremd, obdachlos, nackt, krank und im Gefängnis - und ihr seid zu mir gekommen."
Das Wort Jesu: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan."(Matthäus 25, 40) hat die Christen von Anfang an dazu bewegt, sich der Armen und Kranken, der Notleidenden aller Art anzunehmen. Die Sorge für die Hilfsbedürftigen beanspruchte die Apostel so sehr, dass selbst die Verkündigung der frohen Botschaft zu kurz kam.
Wenn wir uns von Gottes Geist der Liebe, der gegenseitigen Achtung beschenken lassen, dann kommt auch heute noch etwas in Bewegung.

Rainer Schling