Noch ist im Bibelgarten nicht viel zu sehen. Das Frühjahr hat nach einem langen Winter gerade erst begonnen. Hier und da stecken Narzissen und Tulpen vorsichtig ihre Blätter aus dem Boden. Die frostempfindlichen Pflanzen sind noch im Winterquartier. Die Schäden des Winters lassen sich erkennen - die Feige z.B. scheint erfroren zu sein. Aber auch da ist noch Abwarten angesagt. Vielleicht treibt ja noch etwas aus.
Zu sehen ist Zeit eine Installation im Bibelgarten, die sich mit Jesu letzter Reise nach Jerusalem beschäftigt. Wenn Sie da weiterlesen möchten, klicken Sie hier.
Und wenn Sie einen Rundgang durch den Bibelgarten machen möchten, dann lesen Sie einfach auf dieser Seite weiter.
Wer in den Bibelgarten kommt, findet linker Hand eine Freifläche und den Abendmahlstisch. Denn der Bibelgarten ist auch ein Ort zum Gottesdienstfeiern.
Der Abendmahlstisch ist 2008 in der Passionszeit entstanden. Er stand zunächst in der Kirche. Mit seinen übereinander gelagerten Hölzern soll er an ein Opferfeuer erinnern. Das Thema der Passionszeit 2008 war "Opfer". Im Abendmahlstisch finden sich Hinweise auf biblische Opfergestalten und -geschichten.
Die Holzscheite sind aus Scheinakazienholz - sie erinnern damit entfernt an das Holz, aus dem die Arche Noah gemacht war. Sie erinnern damit auch an das Holz, aus dem die Lade der Gebotstafeln gefertigt war.
Der Tisch steht auf Ziegeln. Sie erinnern an die Sklaverei in Ägypten. Sie erinnern auch daran, dass da, wo ein Opferfeuer brennt, der Boden unter dem Holzstoß wie Ton gebrannt wird, 'verziegelt'.
Wer vor dem Abendmahlstisch steht, der hat hinter sich das Paradies. Wer sich vom Abendmahlstisch umwendet blickt auf das Paradies - Apfel und Lebensbaum als Zeichen.
Der Apfelbaum, hat 2009 erste Früchte getragen. Er war der erste Baum, der uns geschenkt worden ist und gepflanzt wurde. Neben ihm wächst eine schlanke Zypresse. Beide Bäume erinenrn an die Paradiesbäume: den der Erkenntnis und den des Lebens. Zwischen den Bäumen wächst Unkraut - als Hinweis darauf, dass wir jenseits des Paradieses leben. Das Unkraut zeigt die Mühseligkeit menschlicher Arfbeit jenseits des Paradieses an. Zwischen den Bäumen steht auch eine verschlossene Tür - der Weg ins Paradies ist verschlossen. Paradies ist Erinnerung und Utopie zugleich.
Verborgen hinter dem Unkraut und der Tür ein Teppich - ein florales, an Blumen orientiertes Muster. Der Teppich ist vielleicht mal so ein Stück paradiesischer Garten gewesen, den Menschen hereingeholt haben. Bei uns liegt er draußen, die Blumen werden ihn irgendwann bewachsen.
Das Land Israel ist vielleicht ein Abbild des Paradieses. Nach der biblischen Erzählung lässt es sich dort jedenfalls nach Gottes Gebot leben. Sieben Pflanzen kennzeichnen die Fülle des Landes: Gerste und Weizen, Granatapfel, Öl- und Feigenbaum und Wein und Dattelpalme.
Die Kindergartenkinder, die das Säen übernommen hatten, waren in der letzten Saison ein wenig traurig, dass nicht alles über den Winter hin so gut aufgegangen ist. Aber das gehört zu den Gartenerfahrungen dazu.
Ölbaum und Wein
Gegenüber dem Land Israel noch eine Darstellung des Landes: nämlich durch die Blumen des Feldes. Wahrscheinlich sind in der Bibel rote Anemonen und Mohn gemeint. Im Sommer werden sie blühen. Im herbst machen sie dann Safrankrokussen Platz.
Im Frühjahr werden es wilde Tulpen und Narzissen sein.
Die Blumen des Feldes sind angelehnt an das Paradies. Vielleicht sind gerade sie es, die ein Gefühl von der Schönheit geben, die Gott zuerst in Paradies gelegt hat und der Welt nicht genommen hat.
In der Mitte des Garten gibt es einen Bachlauf und einen kleinen Teich. Wasser ist dort, wo die Bibel entstanden ist, wichtig - es ist nicht immer verfügbar, kostbar und Lebensquelle und in all dem Bild für Gott.
Auf der einen Seite ist der Bauchlauf unser Nil, also der Fluss Ägyptens. An seinem Ufer gibt es Ziegel , als Erinnerung an die Sklavenarbeit in Ägypten.
Als Pflanzen wird findet man dort das , woran sich Israel während der Wüstenwanderung wehmütig erinnerte: Kürbis und verschiedene Lauch- und Zwischensorten. Und natürlich wird es Uferpflanzen geben: Papyrus, Schilf, Rohrkolben und Binsen. Das Körbchen, in dem Mose gerettet wurde, soll daraus geflochten gewesen sein.
Ägypten galt für die Israeliten zu bestimmten Zeiten nicht nur als Ort der Sklaverei, sondern als Ort von Weisheit. Im AT finden sich Texte, die sich mit Lebensregeln ubnd Beobachtungen zum Leben beschäftigen: dass unser Leben wie Gras ist, das es endet wie die Kaper, die aufspringt. So finden sich diese Pflanzen auf dem Rundweg durch den Garten als nächstes.
Ägypten gegenüber ist schon ein Stück Wüste entstanden. Ein Brombeerstrauch ist gepflanzt. Niemand weiß, was der brennende Dornbusch für ein Pflanze war. Das Katharinenkloster am Berg Sinai bewahrt einen alten Brombeerstrauch auf. Er soll nach der Klostertradition der Dornbusch gewesen sein. Eines nur dabei ist sicher: er hat Dornen. Aber es könnte auch eine Pflanze aus der Familie "Senna" sein, die den Sinai ja schon im Namen trägt und gelb blüht.
Unsere Wüste ist - anders als der Sinai, der eine Felswüste ist - Sand. Eingelassen in den Sand ein Blumenkasten. In ihm ist Koriander ausgesät, weil das Manna, das die Israeliten 40 Jahre in der Wüste ernährt hat, nach Koriander geschmeckt haben soll.
Eine Weide haben wir gepflanzt. Einen Stamm nur - aber er ist ausgeschlagen und im Sommer 2009 verdorrt. In diesem Jahr werden wir ihn neu setzen und hoffen, dass er ausschlägt. Zum einen erinnert das an die Hoffnung Jesajas: dass ein Baumstumpf neue Äste bekommt. In diesem Bild hat er die Hoffnung für sein untergehendes Volk Israel formuliert.
Zugleich ist die Weide die Pflanze der babylonischen Gefangenschaft und des Exils. Im 137. Psalm heißt es, dass die Israeliten vor Trauer ihre Musikinstrumente in die Weiden hängten. "An den Flüssen Babels saßen wir und weinten als wir an Zion dachten!"
Für die Entstehung der Bibel ist diese Zeit ganz wichtig. Damals wurde die Tora, die fünf Bücher Mose und das Alte Testament ungefähr das, was es heute ist. Und es bekam seine Funktion für Israel und die Kirche: Trostwort, tragbare Heimat, Gottes Nähe. Darum taucht die Weide immer wieder im Bibelgarten auf, als Begrenzungholz für die Beete, das hier und da auch ausgeschlagen ist. Denn Israels Exil ist nicht vorbei. Und auch die Christen leben noch nicht dort, wo Gott alles in allem ist. Auch zu ihrem Leben gehören noch die Tränen.
Ein Bereich ist anders umfriedet, mit Platten und Buchsbaum. Er liegt genau am anderen Ende des Bibelgarten - in der Luftlinie genau gegenüber dem Abendmahlstisch. Die Umfriedung deutet auf den Jerusalemer Tempel. Der Gottesdienst bei uns und der Gottesdienst in Jerusalem und in der Synagoge gehören über die Entfernung hinweg zusammen.
Die Umfriedung ist anders, weil hier - im Gottesdienst, im Tempel, Gott schon gegenwärtig ist und heil macht. Die Opfer im Tempel in Jerusalem zeigten es an. Jesu Opfer zeigt es an: Gott ist Gott der Menschen.
Die Pflanzen, die hier gepfanzt werden, erinnern an den Tempel und den Gottesdienst dort. Die Zeder erinnert an das Holz, aus dem Tempel und Inneneinrichtung hergestellt wurden.
In vier Karrees, die vielleicht an einen Klostergarten erinnern und ein Kreuz bilden, sind weitere Pflanzen, die den Tempel betreffen zu finden.
In dem einen Karree wachsen Lilien. Ihre Blütenform findet sich an den Säulen des Tempel, oben am sogenannten Kapitel. Sie finden sich übrigens auch am Chorgestühl unserer Kirche. Im anderen Karree wachsen zur Zeit Salbei und Ysop, vermutlich eine Oreganoform. Sie deuten an, dass zum Tempelgottesdienst das gemeinsame, mit Kräutern gewürzte Mahl gehört hat. Es finden sich Mastix, Zimt und Zistrose, die im Templegotetsdienst gebraucht wurden. Und eines der Karrees erinnert mit Zitronatzitrone, dem Etrog und mit Myrrthe daran, dass der Tempelgottesdienst nicht nur im Gottesdienst der christlichen Kirche wietergeht, sondern auch und noch direkter im Gottesdienst der Synagoge. Etrog und Myrrthe gehören bis heute zu den Symbolpflanzen des jüdischen Laubhüttenfestes.
Wendet man sich vom Tempel aus um, blickt man auf eine Stelle im Garten, die Jesu Gleichnisse und Predigten aufnimmt: Da ist der Senf, der im Gleichnis vom Senfkorn auftaucht. Da ist der Johannesbrotbaum, von dessen Schoten sich der verlorenne Sohn ernährt, bevor er zurückkehrt zum Vater. Da ist die Minze, an der Jesus seine Kritik am falsch verstandenen Kult seiner Zeit deutlich macht: Minze verzehnten aber die Liebe vergessen. Ein Maulbeerbaum erinnert an den Zöllner Zachäus, der auf einen Maulbeerbaum steigt, um Jesus zu sehen und der von Jesus gesehen und besucht wird, obwohl er Zöllner ist.
Ein Bereich fehlt nun: wieder am Flußlauf gelegen, auf der anderen Seite, nun sozusagen am Jordan. Es ist nmoch einmal das Land Israel - nun geht es um Essen und Trinken, um Gartenbau: Linsen, dicke Bohne, Rauke, Lein - sie alle deuten auf alltägliches Leben.
Der Bibelgarten selbst liegt direkt an der Stadtmauer. Er entsteht in einem ehemaligen Gemüsegarten. Der alte Baumbestand ergänzt die Mauer und schützt den Garten.