Liebe Leserin, lieber Leser,
es gibt Streit. Die Gemeinde hat sich in zwei Lager gespalten. Die einen wettern gegen die anderen und jeder glaubt sich im Recht. Zuerst hat man ja noch relativ zivilisiert Argumente ausgetauscht, war miteinander im Gespräch – doch jetzt? Funkstille! Man will mit den jeweils anderen nichts mehr zu tun haben. Die Fronten sind verhärtet. Es droht die Spaltung.
Keine Sorge, es geht hier nicht um unsere Gemeinde in Bad Meinberg. Nein, es geht um die junge christliche Gemeinde im Rom. Eine Gemeinde, die aus Christen mit unterschiedlicher Tradition und Herkunft besteht. Die Christen, die aus jüdischen Familien kamen, hatten so ganz andere Vorstellungen davon, was man essen und trinken dürfe und wann welche Feiertage einzuhalten waren, als diejenigen, die aus dem sogenannten heidnischen Kontext kamen. Und beide Gruppierungen fühlten sich im Recht. Denn nur so, wie sie lebten, diente es der Ehre und dem Lob Gottes. In diesen Konflikt hinein spricht der Apostel Paulus die Worte, die als Losung über dem Jahr 2015 stehen:
Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob.
(Röm 15,7)
Einander annehmen – das ist gar nicht so leicht. Den anderen mit seiner Meinung und seiner Ansicht tolerieren, ja sogar akzeptieren, obwohl er so ganz anders ist als ich? Gerade in der Gemeinde treffen wir immer wieder auf Menschen, die so ganz anders sind als wir selbst. Die andere Ansichten zu bestimmten Themen haben, die ihr Leben ganz anders gestalten, als wir selbst es tun. Und wie schnell schütteln wir innerlich mit dem Kopf und denken „Wie kann er nur?“ Wie schnell haben wir uns ein (Vor-)Urteil gebildet, nur weil der andere uns mit seiner Meinung oder seiner Art fremd ist?
Dabei besteht eine Gemeinde ja immer aus ganz unterschiedlichen Menschen. Mit unterschiedlichen Biografien und verschiedenen kulturellen Hintergründen. Das ist gut so. Denn auch die, die so ganz anders sind als ich, gehören zur Gemeinde Jesu Christi. Die Einheit einer Gemeinde hängt nicht an einer gemeinsamen Idee oder Aufgabe. Es kommt nicht darauf an, ob wir uns untereinander alle grün sind und uns sympathisch finden. Nein, die Einheit einer Gemeinde entsteht aus dem Bedingungslosen JA, das Gott zu jedem von uns gesprochen hat. Ganz egal welchem Hintergrund ich mitbringe, oder welche Meinung ich vertrete, Gott hat mich zu einem Teil der Gemeinschaft Jesu Christi gemacht. Die Künstlerin Stefanie Bahlinger hat diese Einheit in Verschiedenheit in einem Bild zur Jahreslosung ausgedrückt. Ihr Bild zeigt einen Flickenteppich. Eine große bunte Fläche, die aus unterschiedlichen kleinen Feldern und Flicken zusammengenäht ist. Da gib es Felder aus ähnlichen Farben oder Stoffen. Mit ähnlichen Muster. Andere sind ohne gleichen und einzigartig. Keiner der Flickern ist jedoch genau wie ein anderer. Alle sind einzigartig und individuell mit ihrer je eigenen Besonderheit.
Aus diesem miteinander verwoben sein der einzelnen Flicken entsteht der große bunte Teppich, der die Gemeinde Jesu Christi ausmacht. Und wenn Sie genau hinsehen, erkennen Sie, dass die Fäden an den Rändern des Teppichs noch weiterlaufen. Da kann also noch angeknüpft werden. Denn bei Jesus gibt es keine geschlossene Gesellschaft, sondern eine lebendige Gemeinschaft, die wächst und offen ist für Neues.
Daniela Brinkmann
Jahreslosung 2015