Liebe Leserin, lieber Leser
Gedanken zum Spruch des Monats April
Während manche „7 Wochen ohne“ in der Fastenzeit auf Liebgewordenes verzichten, haben wir fast „7 Monate ohne“ gelebt – ohne unsere Kirche.
Auch diese „Fastenzeit“ ist Ostern vorbei: nach den langen Renovierungsarbeiten können wir nun wieder Gottesdienst in der Kirche feiern. Im Mai planen wir dann ein großes Fest, zu dem alle eingeladen sind. Ja, endlich trauen wir uns ja wieder zu feiern! Und das ist gut so. Feiern werden auch die Jugendlichen, die in diesem Jahr konfirmiert werden. Wunderbar, dass das in diesem Jahr doch hoffentlich wieder ohne Einschränkungen möglich ist! Wir brauchen bei all dem, was uns Sorgen macht, solche positiven Erlebnisse. Ausgelassenheit und Fröhlichkeit tun uns gut. Freude macht uns stark. Und wann brauchten wir das nötiger als jetzt?
Neben all den schlimmen Bildern von Leid und Zerstörung und Tod ist es ein Bild, das mir aus den Tagen
nach dem Erdbeben in dem türkisch-syrischen Grenzgebiet nicht aus dem Kopf geht: Ein kleines Mädchen krabbelt völlig erschöpft, aber freudestrahlend aus den Trümmern, als man gar nicht mehr damit gerechnet hat, und wird von ihren Retter*innen beglückt in Empfang genommen. Ein Osterbild: Das Leben ist stärker als der Tod.
Es ist viel, was uns bewegt in diesen Zeiten. Schönes und Schweres. Dunkle Bilder und strahlendes Licht. Karfreitag und Ostersonntag. All das braucht Raum. Der Monatsspruch für den Ostermonat April ist so etwas wie ein Dach, unter dem all das was geschieht, seinen Platz bekommt und geborgen ist. Paulus bringt es im Brief an die Gemeinde in Rom auf den Punkt:
Denn dazu ist Jesus Christus gestorben und wieder lebendig geworden, dass er über Tote und Lebende Herr sei. (Röm 14, 9)
Häufig sage ich diesen Vers bei Beerdigungen oder im Gottesdienst bei der Abkündigung der Verstorbenen. Nicht nur Feiern aus fröhlichen Anlässen, auch Trauergottesdienste, so habe ich es in letzter Zeit erlebt, werden wieder größer. Auch das ist gut so. Wir möchten den Angehörigen zeigen: Ihr seid nicht allein in eurem Schmerz. Und wir brauchen selbst die Gelegenheit zum Abschiednehmen.
Freude und Schmerz teilen – die Gemeinde gibt uns Raum dazu. Raum zu zeigen, was unsere Mitte ist, unser Trost und unsere Hoffnung.
Die Geschichte ist legendär: In der Nacht vor seinem Tod sagte der Schweizer Theologe Karl Barth zu seinem Freund am Telefon: „Ja, die Welt ist dunkel. .... Nur ja die Ohren nicht hängen lassen! Nie! Denn es wird regiert, nicht nur in Moskau oder in Washington oder in Peking, sondern … hier auf Erden, aber ganz von oben, vom Himmel her!“
1968 war das. Lange her. Aber aktuell wie nie. Es wird regiert. „Denn dazu ist Jesus Christus gestorben und wieder lebendig geworden, dass er über Tote und Lebende Herr sei.“ Für mich ist das ein großer Trost. Gott ist da. Es gibt Zukunft für die Welt, und es gibt Grund zur Hoffnung. Hoffnung manchmal gegen jeden Augenschein.
Hoffnung, die wir feiern dürfen – an Ostern und an jedem neuen Tag.
Mit diesen Gedanken grüßt Sie auch im Namen der Kollegen
Ihre Pastorin Stork
März 2023