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Markus3, 35

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Jesus Christus spricht, wer Gottes Willen tut, der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter.
Markus 3, 35

Ein jüdischer Rabbi fragte einmal: „Wann weicht die Nacht dem Tag? Woran erkennt man das?“ Einer meinte: „Wenn man den ersten Lichtschimmer am Himmel sieht?“ Ein anderer: „Wenn man einen Busch von einem Menschen unterscheiden kann?“

„Nein“, sagte der Rabbi, „die Nacht weicht dem Tag, wenn ein Mensch im Gesicht des anderen den Bruder und die Schwester erkennt.“

Im anderen den Bruder oder die Schwester erkennen, denjenigen, der untrennbar zu mir gehört, diejenige, die das gleiche Geburtsrecht hat wie ich selbst. Der Nachbar, die Kollegin, der Sozialhilfeempfänger, die Pflegebedürftige, der Obdachlose:

sie alle sind um Gottes Willen unsere Brüder und Schwestern. Und in der Mitte, so glauben wir, steht Jesus, der uns zum leibhaftigen Bruder geworden ist.

Im Monatsspruch für Juli wird er zitiert:

„Wer Gottes Willen tut, der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter.“(Markus 3, 35)

Mit diesen Worten wies er seine leibliche Familie zurück,

die ihn für sich vereinnahmen wollte. Für sie waren es harte Worte. Aber Jesus wollte und durfte sich nicht vereinnahmen lassen von seiner Familie, seinem Volk oder einer bestimmten Gruppe.

Jesus schenkt uns so eine neue Gemeinschaft und eine neue Geschwister-lichkeit. Sie ist unabhängig vom „Blut“, von Herkunft, Geschlecht, Klasse, Hautfarbe o. ä., unabhängig davon, womit Menschen sich sonst klassifizieren und eben auch abqualifizieren.

Auch das Beispiel des barmherzigen Samariters zeigt, dass die neue Geschwisterlichkeit um Gottes Willen die Grenzen der Verwandtschaft, der Freundschaft, der Nationalität oder der Religion überwindet.

Von Gott her gesehen ist jeder Mensch unser möglicher Bruder, unsere mögliche Schwester. Wir gehören zu einer Gemeinschaft, die größer ist, sie sprengt die Grenzen, in denen wir leben und in denen wir denken. Jesus stellt sich in unsere Mitte und spricht uns als seine Schwestern und Brüder an – auch die, mit denen wir am liebsten nichts zu tun haben würden. Er lädt uns ein, gemeinsam als Kinder Gottes zu leben.

Dies auch in unserem Alltag zu leben, ist keine einfache Herausforderung. Denn es bedeutet, die Stimme zu erheben für die, die auch bei uns an den Rand gedrängt werden. Es bedeutet für mehr Gerechtigkeit für alle einzutreten. Und es bedeutet, immer wieder auch über den eigenen Schatten zu springen.

Aber mit jedem Menschen, der diese Einladung annimmt, wird es heller und wärmer in unserer Welt.

Heike Stijohann