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Johannes 11, 27

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Auf dem Bild erkenne ich ein Etikett mit einem Strichcode. So einen Strichcode finden wir heute auf fast allen käuflichen Waren. Ein paar parallele Striche genügen dem Scannergerät an der Kasse und der Preis steht fest.

Neben dem Bild die Worte eines Christusbekenntnisses. Wie für den Scanner der Strichcode genügt, genügen für uns Christen ein paar Worte, um den Glauben zu bekennen. „Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt gekommen ist.“

Aber so einfach ist es nicht. Hinter einem Strichcode können sich für den Käufer nicht erkennbar erhöhte oder falsche Preise verbergen. - Auch schön formulierte Bekenntnisse können falschen Glauben vortäuschen. Schöne Worte müssen nicht unbedingt echt sein. Wie man beim Kaufen auf die eingescannten Preise aufpassen muss, sollten wir beim Bekenntnis auch genauer hinschauen. Hilfreich ist darum immer ein Blick auf den biblischen Zusammenhang, in dem der Glaubenssatz gesprochen wird. Unser Bekenntnis stammt aus der Geschichte von der Auferweckung des Lazarus.
Jesus war nicht da, als sein Freund Lazarus so dringend seine Hilfe gebraucht hätte. Jetzt ist Lazarus tot. Er liegt schon vier Tage im Grab.
Seine Schwestern Maria und Martha sind traurig und wütend. Sie glauben zwar an ein Wiedersehen bei der „Auferstehung am letzten Tag“, aber jetzt im Augenblick des Schmerzes tröstet dieses Wissen von der Auferstehung noch lange nicht. Man hört aus Marias Worten vielmehr heraus, dass sie einfach müde ist. Auf ihre quälenden Fragen hat sie keine Antwort gefunden. Ihr bleibt nichts anderes übrig, als sich mit dem Gegebenen abzufinden, resignierend sagt sie: „Ich weiß, dass er auferstehen wird bei der Auferstehung am letzten Tag.“
Dieses Bekenntnis ist für die Schwestern im Augenblick ihrer Trauer kein Trost. Sie sind vielmehr von Jesus enttäuscht. Denn ihr Bruder war noch nicht tot, als sie nach Jesus schickten. Lazarus war schwer krank. Als noch Hilfe möglich war, da ist Jesus nicht gekommen. Jesus ist zu spät dran. Wärst du früher da gewesen, dann wäre jetzt alles anders.
Zum Tod gehören oft Selbstvorwürfe der Überlebenden: Hätte nicht noch etwas getan werden können? Wäre eine andere Behandlung sinnvoller gewesen? Wäre der Unfall vermeidbar gewesen, wenn dort ein Warnschild gestanden hätte? Und manchmal versteckt sich in diesen Fragen auch die Frage an Gott: „Wo warst du?“
„Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt gekommen ist.“
Martha klammert sich in ihrer äußersten Not an dieses Bekenntnis wie an einen winzigen Strohhalm. Nicht weil sie hofft, dass sie sich mit Hilfe des Strohhalmes noch einmal aus der Tiefe ziehen kann, sondern weil ihr im Augenblick nichts anderes übrigbleibt. „Jesus, mach doch was! Ich weiß selbst nicht was, aber tu was!“
Jesus sagt es Martha auf den Kopf zu: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.“ - Er steht vor ihr. Der Trost wird nicht auf den letzten Tag verschoben, er passiert hier und jetzt.
Was ist die Auferstehung? Nach biblischem Zeugnis ist sie nicht einfach ein Wieder-lebendig-werden, ein Wieder-auf-die-Beine-kommen, sondern ein Leben in der Gegenwart Gottes.
Ewiges Leben ist nicht ein Leben ohne Ende, sondern ein Leben in einer ganz anderen, in einer viel höheren Qualität. Die Nähe Gottes verändert das Leben des Menschen von innen her. Ich kann wieder sicher sein: auch in der äußersten Not, auch im tiefsten Leid, auch wenn ich mich von aller Welt verlassen fühle, bin ich nicht allein.
„Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt gekommen ist.“

Rainer Schling