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Hebräer 10, 24

Kirche ist das, was es ohne sie nicht gäbe – so hat es der Journalist Heribert Prantl formuliert. Eine interessante Sichtweise, finde ich. Was würde es für mich ohne Kirche nicht geben? Was könnte ich gut missen, worauf würde ich nur ungern verzichten? Für den Monat Oktober, in dem wir den Reformationstag feiern, eine passende Frage.
Eine Menge Leute heute vermisst die Kirche wenig. Viele trennen zwischen Glauben und Kirche. Glaube ist für sie Privatsache. Oft höre ich die Begründung von Menschen: Glauben kann ich auch ohne Kirche.
Ja, würde ich sagen, aber … Oder besser noch: Ja, und trotzdem. Kirche ist mir wichtig, weil Gott mir andere Menschen zur Seite stellt, die mich ermutigen, stärken, segnen. Und weil Gott mich anderen Menschen zur Seite stellt, die ich ermutige, stärke, segne. Es braucht die Gemeinschaft, nicht nachzulassen im Glauben. In diesen Coronazeiten habe ich das besonders gemerkt.
 
„Lasst uns aufeinander achthaben und einander anspornen zur Liebe und zu guten Werken.“

– so sagt es der Hebräerbrief (Hebr 10,24). Er richtet sich an eine Gemeinde, in der die Begeisterung der Gemeindeglieder immer mehr zu schwinden scheint. Obwohl er vermutlich in der Zeit zwischen 60 und 80 nach Christus geschrieben ist und nicht im Jahr 2021, ist er brennend aktuell. Die ersten Gemeindeglieder waren noch voller Hoffnung: Sie würden erleben, dass Jesus wiederkommt. Aber ein Jahr nach dem anderen verging und es passierte nichts. Je länger sie warteten, desto mehr war ihre Hoffnung verschwunden. Und Glauben, ja, - aber Kirche: wozu? Bibel lesen und beten, an Gott denken – das kann ich auch alleine zu Hause.
Der Verfasser des Hebräerbriefes sieht das anders. Er versucht sie zu ermutigen und ihnen zu beschreiben, wie wichtig es ist, in der christlichen Gemeinde zu bleiben. Hoffnung, Mut, Zuversicht, Segen, das kann man sich nicht selbst zusprechen, das müssen andere einem immer wieder sagen.
Ich brauche andere, die mich in Durstzeiten mitziehen. Ich brauche andere, die mit mir gemeinsam Ideen haben, zusammen „spinnen“, achtsam Kritik üben, nachdenken, kreativ werden wie wir Glauben leben können – heute und hier. In Horn, und über den Kirchturm hinaus, in unserer Welt, die manchmal schön ist und manchmal schrecklich. Die große Aufgaben für uns bereit hält.
Die Erprobungsräume in unserer Landeskirche sind solche Projekte, die aus gemeinsamem Nachdenken entstanden sind: Das neue Popkantorat in unseren Gemeinden, das neue Töne zum Klingen bringt, oder die Sozialarbeiterinnen im Projekt „Chribal“, die jetzt ihr Büro im Gemeindehaus in Horn bezogen haben und ihre Arbeit in der Stadt beginnen. Menschen einer Kirche, die rausgehen und Samen an Mitmenschlichkeit und Gottvertrauen und Hoffnung in unsere Gesellschaft säen. Darum ist nicht nur mein eigener privater Glaube wichtig, sondern die Gemeinschaft mit Gott und mit anderen.
Kirche ist das, was es ohne sie nicht gäbe. Darum:

„Lasst uns aufeinander achthaben und einander anspornen zur Liebe und zu guten Werken“.

Mit herzlichem Gruß,
Ihre Pastorin Petra Stork
(September 2021)