Monatelang lag das kleine Samentütchen mit der Aufschrift „Blühende Landschaften“ bereits auf meinem Schreibtisch, bevor es mir wieder in die Hände fiel. Ich hatte es irgendwann bei einer Gemeindeveranstaltung geschenkt bekommen und dann vollkommen vergessen.
Saatzeit März bis April – stand darauf. Also nix wie los, dachte ich mir Mitte April, die Samen aussähen. Ich nahm mir einen großen Blumenkübel, füllte ihn mit Erde und streute die „Blühenden Landschaften“ hinein. Noch ein bisschen Erde oben drauf und dann gut gießen. Ich freute mich schon auf die nun langsam heranwachsende Blütenpracht. Verschiedene Sommer- und Wildblumen sollten bald schon meine Terrasse zieren – so stand es zumindest auf dem Samentütchen.
Und tatsächlich, nach einigen Tagen sah ich die ersten grünen Spitzen aus der Erde ragen.
Fleißig goss ich die zarten Pflänzchen und versuchte den für sie besten Platz auf der Terrasse ausfindig zu machen. Nicht zu sehr in der Sonne, aber auch nicht zu viel Schatten. So, dass sie auch ein wenig Regen abbekamen, aber nicht gleich völlig unter Wasser standen.
Eigentlich lief alles wunderbar.
Wie gesagt – eigentlich.
Denn dann kamen die heißen Sommertage, die das Thermometer jeden Tag weit über 30 Grad klettern ließen. Und obwohl ich regelmäßig meine „blühenden Landschaften“ goss, wollten sich einfach keine Blüten und Knospen an den grünen Stängeln zeigen. Ganz im Gegenteil. Nach und nach verwandelten sich die grünen Halme in braune, trockene Stengel – bis schließlich überhaupt kein Leben mehr in ihnen war. Es war einfach zu heiß und zu trocken gewesen, als dass meine Saat wirklich eine Chance gehabt hätte. Da konnten meine Gießversuche auch nichts mehr dran ändern. Dürre Steppe statt blühender Landschaften – so hatte ich mir meinen Sommer auf der Terrasse nun wirklich nicht vorgestellt.
Wir pflügen und wir streuen, den Samen auf das Land, doch Wachstum und Gedeihen liegt in des Himmels Hand.
So heißt es im berühmten Erntedank-Lied von Matthias Claudius. Und es stimmt. Wir können zwar säen und unser Möglichstes tun, damit die Saat aufgeht, doch letzten Endes liegt es nicht allein an uns, was daraus wird. Damit es gelingt und wir die Ernte einfahren können, müssen verschiedene Faktoren zusammenspielen. Wind und Regen müssen genauso da sein, wie Wärme und Sonne. Von allem genügend und von keinem zu viel. Nur dann können wir auch etwas von dem ernten, was wir gesät haben.
Wenn es dann klappt, wenn die Blumen blühen und die Früchte auf dem Feld reif werden, dann ist das ein Grund zum Danken. Denn - wie mein kleines Experiment mit den „blühenden Landschaften“ gezeigt hat - es ist nicht selbstverständlich, dass von allem genügend vorhanden ist. Dass Wind und Regen, Sonne und Hitze in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Dass es in unseren Gärten und auf unseren Feldern wächst und gedeiht. Denn: Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn, drum dankt ihm dankt, drum dankt ihm dankt und hofft auf ihn.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein gesegnetes Erntedankfest und erntereiche Herbsttage.
Pfarrerin Daniela Brinkmann
Oktober 2015