Wir können´s ja nicht lassen,
von dem zu reden,
was wir gesehen und gehört haben!
Für eine Welt ohne Gott plädiert die Schriftstellerin Karen Duve in ihrem „Spiegel"-Artikel „Absolutheitsanspruch der Religion ist arrogant". Auch Atheisten können es nicht lassen, von dem zu reden, was ihnen wichtig ist. Das ist gut so, ein offenes Wort hat noch nie geschadet. Christen brauchen sich dadurch nicht einschüchtern lassen.
Warum schweigen wir? Haben wir nichts zu sagen? Macht sich der Glaube allenfalls noch in ein paar religiösen Gesten bemerkbar? Fußballer bekreuzigen sich, wenn sie den Rasen betreten. Comedy-Größen stürmen den Jakobsweg. Ist das alles?
Uns Christen scheint es weitgehend die Sprache verschlagen zu haben. Wir reden über alles - nur nicht über unseren Glauben. Viele, die ein Fisch-Symbol auf ihrem Auto spazieren fahren, sind selber so stumm wie die Fische. Sie wirken eher hilflos und verlegen, wenn man sie auf ihren Glauben anspricht. Die Apostel Petrus und Johannes beispielsweise, bekannten vor dem Hohen Rat: „Wir können es ja nicht lassen, von dem zu reden, was wir gesehen und gehört haben."
Durch unser Schweigen geben wir den Kritikern Recht. Religion ist out, dubios, unverständlich, paßt nicht mehr in die Zeit. Dazu kommt das nicht gerade attraktive Erscheinungsbild der Volkskirchen. Sie scheinen nur noch ihren Mangel zu verwalten, sind mit sich selbst beschäftigt, geben nach außen das Bild einer Art religiöser Insolvens.
Und trotzdem ist das nur die halbe Wahrheit. Der Bedarf, mehr zu wissen von einer Realität, die unseren menschlichen Verstand übersteigt, ist bei vielen Menschen groß.
Die Bertelsmann Stiftung hat vor kurzem in der Studie „Zukunftsperspektive Christentum" die Bedeutung der Religion für die Gesellschaft erneut herausgestellt. Dabei - so ein Ergebnis der Studie - ist der Glaube für unter 30jährige scheinbar noch wichtiger als für die über 60jährigen. Zur Jugendkultur heute gehört ein Boom von fantastischen Büchern, Filmen und PC-Spielen!
Wir müssen wieder lernen zu sehen und zu hören. Die biblischen Geschichten sind so voll von Leben und Sinn, so voll von Lebensmöglichkeiten. Wer das für sich erkannt hat, der kann nicht anders, als davon zu reden. Als Christ muß ich keinen akademischen Vortrag halten können, ich muß mich auch nicht mit den Aposteln vergleichen.
„Wovon das Herz voll ist, davon spricht der Mund", heißt es bei Matthäus (12, 34b).
Und die Apostel Petrus und Johannes lassen sich nach Pfingsten, nachdem sie den Heiligen Geist empfangen haben, keine Rede und keine Tat mehr verbieten. Ohne Angst und deshalb absolut überzeugend und mitreißend müssen sie geredet haben. Die Freude über das, was sie an Nähe und Liebe Gottes erlebt haben, fragt nicht nach persönlichen Konsequenzen. Vielleicht fragen wir - besonders als Ältere - selbst zu viel nach den Konsequenzen. Vielleicht lassen wir zu wenig unser Herz sprechen.
Ich erlebe Konfirmanden, die vor anderen Mitschülern von ihrem Glauben an Gott sprechen. Sie suchen nach Worten, aber es ist echt und glaubwürdig. Im Vorstellungsgottesdienst haben die jungen Leute den Eltern und Großeltern mit ihrem Reden und Singen Mut zum Glauben gemacht. Da war etwas zu spüren von dem:
„Wir können´s ja nicht lassen, von dem zu reden, was wir gesehen und gehört haben!"
Rainer Schling