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1. Korinther 14, 15

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Ich will nicht nur im Geist beten,
sondern auch mit dem Verstand.

1. Korinther 14, 15
Monatsspruch Mai 2008

Im Gebet spreche ich mit Gott. Wie geht das? Hilft mir dabei nicht der Geist Gottes?
Lebendigen Anschauungsunterricht bekommt man in den  „pfingstlich charismatischen Bewegungen.“ Auf Großveranstaltungen geraten Massen in Ekstase. Jeder einzelne erlebt Ungeheuerliches und doch ist er ganz bei sich allein. Seit 1980 gibt es auch in vielen Teilen der Deutschen Volkskirchen die Gemeindewachstumsbewegung mit »Power Evangelism«.
Mit den Konfirmanden waren wir in einem Christcamp und erlebten so eine Art „Power Evangelism“. Wir verstanden die Lieder, die wir auf Englisch sangen nicht richtig. Manche Vokabel konnten wir nicht übersetzen. Der Vorsänger, der sie uns übersetzen sollte, konnte es auch nicht. Zu verstehen, was da gesungen wurde, war nicht wichtig. Hauptsache da kam Power rüber, Gefühl, da war was los. Die Vermarktung der religiösen Gefühle hat Hochkonjunktur.
Begeisterung für Gott ist aber nicht alles. Wenn ich Paulus richtig verstehe, warnt er im Korintherbrief sogar davor. Wie mit einem Paukenschlag beginnt er sein Hohes Lied der Liebe (1. Korinther 13): „Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte die Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle.“
Also, selbst wenn ich so reden könnte wie die Engel im Himmel, wäre das nichts, wenn ich die Liebe nicht hätte!  Und mit Liebe ist hier nicht die egoistische Selbstliebe, auch nicht allein die Liebe zu Gott, sondern vor allem die Liebe zum Nächsten gemeint. Im Glauben geht es auch immer darum, wie Gottes Liebe dem Nächsten nutzt, wie sie der Erbauung der Gemeinde dient!
Natürlich gibt es zum Glück auch heute in den Gemeinden eine Vielfalt von Kraftwirkungen des Heiligen Geistes. Diese äußert sich in einer Vielfalt von verschiedenen Gaben, Diensten und Wirkungen. Aber bei allem geht es um die Wichtigkeit der Liebe. Die Liebe Gottes muss beim Gebrauch der von ihm gewirkten Gaben das Motiv sein.
Selbst das Gebet sollte so gesprochen werden, dass es anderen Menschen zur Erbauung gereicht.
„Ich will nicht nur im Geist beten, sondern auch mit dem Verstand.“
Ein Gebet darf niemals zur religiösen Selbstdarstellung mißbraucht werden. Wenn ich im Gebet so rede, dass der andere mich nicht verstehen kann, dann ist etwas falsch an meinem Gebet. Mit dem Wort „Amen“ schließen wir ein Gebet. „Amen“ ist aber eigentlich die Antwort der Gemeinde auf das vorher Gesprochene. Die Gemeinde sagt damit: „Ich habe verstanden, was du gesagt hast, Amen, ich stimme zu, ja so ist es!“
Mit den Gaben soll man nicht sich selbst, sondern anderen Menschen, den Mitgeschwistern, aber auch den Ungläubigen, dienen.
„Ich will nicht nur im Geist beten, sondern auch mit dem Verstand.“
Ich muss mich immer fragen, verstehe ich selbst auch, was mich so begeistert? Kann ich mich meinen Mitmenschen verständlich machen? Das ist nicht nur eine Frage an Pastorinnen und Pastoren, an die sogenannten „Geistlichen“. Es ist eine Aufgabe in der ganzen Kirchengemeinde. Christsein ohne eine lebendige Gemeinde vor Ort kann ich mir nicht vorstellen. Denn wo sonst können wir uns gegenseitig beim Verstehen helfen?
Beim Gebet geht es nicht um Zaubersprüche, auch nicht um die gebetsmühlenartige Wiederholung von Beschwörungsformeln, sondern um ein Gespräch mit Gott. Im Gespräch mit Gott lernen wir unsere Welt, uns selbst, den anderen zu verstehen.
Helfen wir uns dabei, versuchen wir so zu reden, dass es der Nächste in der Gemeinde auch versteht. Danken wir Gott für seine Gaben, bitten wir Gott um Kraft und Ideen für das Leben in der Gemeinde und für die Welt, beten wir im Geist mit Verstand!
Rainer Schling