Liebe Leserin, lieber Leser!
Bei einem Geburtstagsbesuch ergeben sich oft interessante Gespräche. Neulich stutzte ich allerdings, als das Geburtstagskind erleichtert und voller Freude feststellte: „Jetzt haben wir ja wieder einen Papst“. Ich nickte zustimmend und dachte: „Merkwürdig, ich bin doch mit ganzem Herzen evangelisch, noch dazu reformiert, und ich soll wieder einen Papst haben?“
Gleichwohl: Die Entscheidung Benedikt XVI. zum Rücktritt hat mich beeindruckt. Er spürte seine nachlassenden Kräfte und wollte, anders als sein Vorgänger, nicht die ganze Welt daran teilhaben lassen. Vielleicht fiel es ihm deshalb leichter, weil wir heute in einer Zeit leben, in der Menschen eher zu ihren Schwächen und zu den Mühen des Alters stehen als früher. Menschen gestehen sich ein, beruflich ausgebrannt zu sein und über Depressionen wird öffentlich gesprochen.
Ebenso faszinierend fand ich, mit welcher Aufmerksamkeit die Menschen der Wahl des neuen Papstes entgegenfieberten. Tausende blickten in Rom gespannt auf den eigens installierten Schornstein, um dabei zu sein, wenn endlich weißer Rauch verkündet „habemus papam“, wir haben einen neuen Papst.
Dann dauerte es noch über eine Stunde, bis Jorge Mario Bergoglio auf dem Balkon der Peterskirche erschien. Als er dann als Franziskus I den Menschen auf dem Petersplatz und an den Fernsehern auf der weiten Welt sein freundliches „Guten Abend“ zurief, hatte er viele Herzen für sich gewonnen.
Nein, mein Papst ist er nicht. Aber seine Gesten und Zeichen, die er setzt, erfreuen auch mein Herz. Ehe er die Menschen segnet, bittet er um ihr Gebet. In den Fußstapfen von Franziskus will er wandeln und ein Anwalt der Armen sein. Die Gefangenen besucht er im Gefängnis. Alles nur Show winken die Kritiker ab.
Ich nehme dem neuen Papst ab, dass er sein Amt und seine Aufgaben darin sieht, Sprachrohr der Armen zu sein. Wenn er will, kann er in der römisch-katholischen Kirche ganz neue Akzente setzen und auch der Ökumene ein neues Gesicht verleihen. Das würde mich freuen, auch wenn wir die Ökumene mit den katholischen Christen vor Ort schon jetzt mit gemeinsamen Veranstaltungen und Gottesdiensten sehr gut pflegen.
Der Monatsspruch ruft uns in Erinnerung, was Pflicht aller Christen ist: „Öffne deinen Mund für den Stummen, für das Recht aller Schwachen.“
Dazu wünsche ich uns allen, die wir versuchen in Jesu Fußstapfen unterwegs zu sein, Gottes Segen.
Iris Opitz-Hollburg
(Monatsspruch Mai 2013)