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Psalm 38, 10

an ps 38 10

Es gibt Zeiten, da möchte man seine Freude einfach heraus schreien. Und es gibt Zeiten, da möchte man sich einfach nur verkriechen. Gerade in der beginnenden dunkleren Jahreszeit, da kann uns die Nacht lang werden. Die Stimmung wird vom kalten und nassen Wetter gedrückt und manches Problem erscheint uns viel größer, als es an einem Sommertag wäre. In solchen Momenten, wo man sich die Bettdecke über den Kopf zieht und der Verzweiflung nahe mit seinem Schicksal hadert, da will man niemanden sehen und allein sein. Vielleicht haben Sie aber auch schon die Erfahrung gemacht, dass es gerade dann trotzdem gut ist, wenn jemand da ist. Eine starke Schulter, an der man sich ausweinen kann oder ein offenes Ohr für die Wut, die Frustration oder die Angst kann Wunder wirken.
Doch wie oft kommt so etwas vor? Wie oft suchen wir uns jemanden, der uns zuhört – ohne zu urteilen; der uns versteht – ohne direkt einen Ratschlag zu erteilen; der uns so annimmt und sein lässt, wie wir sind? Hand aufs Herz, wann haben Sie zuletzt jemandem ihr Herz ausgeschüttet?
In unserer Gesellschaft, in der es oft um Leistung und Belastbarkeit geht, ist das schwer. Es macht verletzlich, so viel von sich preiszugeben – das Sehen, die innersten Gefühle, die Angst, das Versagen, der Schmerz. Wenn wir jemandem so etwas anvertrauen, dann hat er oder sie uns in der Hand. Mit den Informationen über uns kann er oder sie, wer weiß was machen. Vertrauen ist da unbedingt notwendig. Und wenn das missbraucht wird, dann wird es für uns noch schwerer uns zu öffnen und unsere Sorgen und Nöte zu teilen.
Aber gibt es keine echte Alternative? Wenn wir alles mit uns selbst ausmachen und alles in uns hinein fressen, dann führt das unweigerlich zu Bitterkeit oder macht uns krank. Wir sind nun mal Wesen, die in Gemeinschaft und Dialog leben. Und was, wenn niemand greifbar ist oder man sich aus bestimmten Gründen an niemanden wenden kann? Einen gibt es, der immer da ist und immer ein offenes Ohr hat: Gott. Bei ihm können wir uns ausweinen, unser Versagen und unsere Schuld abladen, können unsere kleinen und großen Sorgen loswerden und ihm unsere Hoffnungen und Sehnsüchte anvertrauen. Bei ihm sind wir in guten Händen, denn wir dürfen uns als seine geliebten Kinder betrachten. Wie ein treu sorgender Vater oder eine liebevolle Mutter wird er uns in jeder Situation zuhören und für uns da sein. Und wie es oft bei guten Eltern ist, weiß Gott auch schon vorher, was uns bedrückt. Bei ihm dürfen wir ganz wir selbst sein. Wir müssen nichts befürchten, denn er wird sein Wissen nicht gegen uns verwenden, im Gegenteil. Er hat die Macht uns zu vergeben, selbst dann, wenn es Menschen nicht mehr können. Und nicht nur das, er will es auch. Wir müssen nur zu ihm kommen.
Ich wünsche Ihnen allen, dass Sie in schwierigen Momenten die richtigen Menschen an ihrer Seite haben, dass Sie den Mut haben, um Hilfe zu bitten und sich anderen zu öffnen und dass Sie über die vielen dunklen Tage, die vor uns liegen, die schönen des vergangenen Sommers nicht vergessen. Und ich wünsche Ihnen Gottes Segen, und dass Sie sich ihm anvertrauen, egal ob es ihnen danach scheint, als würde sie alles erdrücken, oder ob Ihnen gerade danach ist, fröhlich in den nächsten Blätterhaufen zu hüpfen.

Monatsspruch Oktober 2018
Wolfgang Loest