Liebe Leserin und lieber Leser, in der letzten Septemberwoche hatten wir in Horn Besuch. In der Kirchensprache heißt es Visitation. Der Superintendent mit einem Komitee aus Kirchenältesten und Pfarrer*innen der Klasse Ost war da, um unser Gemeindeleben anzuschauen. Zur Vorbereitung darauf haben wir einen Bericht geschrieben. Ehrlich gesagt hatte ich erst wenig Lust dazu, aber beim Tun wurde mir deutlich, wie gut es ist, mal Bilanz zu ziehen: Was tun wir eigentlich in unserer Gemeinde, warum und für wen, mit welchem Erfolg – oder auch Misserfolg. Der Bericht ist ganz schön lang geworden – es gibt viele Angebote in unserer Gemeinde, ganz verschiedener Art, von A bis Z. Als Gemeindebriefleser*in wissen Sie das. Von A wie Abendmahlsgottesdienst über B wie Bibelgarten, C wie Chor bis zu W – wie Whisky-Tasting. (zu X, Y, Z ist mir dann doch nichts eingefallen) Am ersten Oktoberwochenende feiern wir Erntedank. Ich möchte gerne auch danken für die Vielfalt in unseren Gemeinden. Für die Spenden von Geld und Zeit. Für die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ohne die es gar nicht ginge. Ich bin dankbar für die Offenheit für viele und vieles. Unsere Erprobungsräume Chribal und das Popkantorat sind ein Beispiel dafür. Wir suchen nach neuen Wegen für die Zeiten, in denen die alten Wege nicht mehr funktionieren. Dafür brauchen wir Ermutigung. Einen Zuspruch im Rücken. Ich finde ihn in dem Monatsspruch für Oktober wunderbar formuliert:
Die Güte des Herrn ist´s, dass wir nicht gar aus sind, seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, sondern sie ist alle Morgen neu, und deine Treue ist groß. (Klgl 3,22)
Diese Verse gehören in das Buch der Klagelieder in unserer Bibel. Ergreifend und jenseits aller menschlichen Oberflächlichkeit spiegeln diese Lieder die tiefe Erfahrung von Leid. Die Anfänge jeder Strophe sind nach dem hebräischen Alphabet sortiert. Ein ABC der Klage sozusagen. Das fällt mir nicht schwer für unsere Zeiten durchzubuchstabieren: von A wie Antisemitismus bis zu Z wie Zukunftsangst. Klagelieder haben in der Regel viele Strophen. Gar nicht so einfach auszuhalten. Aber wenn ich meine Klagelieder durchbuchstabiert habe und vor Gott ausschütte, dann darf ich hoffentlich die Erfahrung machen, dass sich etwas in mir bewegt. Ganz behutsam klopfen Hoffnung, Glaube und Vertrauen an und suchen Einlass. Dann singt das Mutmachwort leise eine Gegenstimme und bringt eine andere Melodie in mein Leben. Es richtet den Blick auf Gott, der uns leben und klagen lässt, der ein großes Herz für uns Menschen hat. Vielleicht nehmen Sie sich mal Papier und Stift und versuchen nach einem ABC der Klage auch ein ABC der Hoffnung aufzuschreiben!
Es grüßt Sie herzlich.
Ihre Pastorin
Petra Stork
Monatsspruch Oktober 2024