Gott spricht:
Ich will Euch trösten wie einen seine Mutter tröstet.
Jesaja 66, 13
Monatsspruch Dezember 2008
Wie tröstet eine Mutter?
Kinder reden ohne Punkt und Komma, wie es ihnen ums Herz ist. Die Mutter unterbricht nicht, hört einfach zu. Sie ist nicht sofort mit klugen Ratschlägen dabei, sondern nimmt ihr Kind in den Arm. Wer tröstet, gibt dem anderen Zeit um sich ausweinen zu können. Nicht nur ein Kind braucht das Gefühl: Meine Mutter versteht mich nicht nur, sondern sie steht auch bedingungslos zu mir.Wie tröstet aber Gott?
Der unbekannte Prophet (später der „Dritte Jesaja“ genannt) lebt unter den Rückkehrern aus dem babylonischen Exil. In Jerusalem wurde der Tempel wieder aufgebaut. Der Prophet kritisiert den Tempelbau. Die Rückkehrer hatten im Exil Gott anders verehrt. In Babylon - einen Tempel gab es nicht - waren Synagogen entstanden. Notgedrungen hatte das Volk statt Opferkult im Tempel, in der Synagoge das Lesen und gemeinsame Hören aus der Thora gepflegt. Und die in Jerusalem Gebliebenen freuten sich über den Wiederaufbau des Tempels. Die Heimkehrer wurden von ihnen nicht mit offenen Armen empfangen. Hatten sich die Rückkehrer nicht mit der babylonischen Urbevölkerung eingelassen? Hatten sie darum nicht auch den Glauben mit heidnischer Religion vermischt? Und in diese verfahrene Situation sagt Gott durch den unbekannten Propheten: „Ich will Euch trösten wie einen seine Mutter tröstet.“Wie macht Gott das?
In den Büchern Esra und Nehemia wird die Geschichte der Rückkehrzeit beschrieben. Es gibt in Nehemia 8 eine Schilderung, wie das Volk nach den ganzen Strapazen der Exilzeit zum ersten Mal wieder aus dem Gesetz des Mose hören will. Und der Priester Esra liest einen ganzen Tag lang vor. Die Leviten helfen, das Wort Gottes auszulegen, damit das Volk es besser versteht. Bis heute gibt es unter uns das geflügelte Wort „einem die Leviten lesen!“ Die Hörer des Gotteswortes fingen an zu weinen, weil ihnen klar wird, was sie alles – auch Gott gegenüber - falsch gemacht haben.Gott tröstet durch sein Wort. Das Volk begreift in den Ruinen Jerusalems, wir gehören wieder zu Gott. Und Gott sagt: „Ihr dürft bei mir sein. Ich bin Euch gut. Ich habe Euch lieb.“ Was baut die Zuhörer des Wortes auf?
• Gott steht uns in der Not bei, vor allem findet er Wege aus der Not.
• Gott tröstet durch die Gewissheit, dass sein Gericht kommt, dass alle Ungerechtigkeit nicht bestehen bleiben wird.
• Gott tröstet durch seine Vergebung. Im biblischen Wort hören sie, wie Gott mit den Fehlern und Sünden umgeht. „Siehe, um Trost war mir sehr bange. Du hast dich meiner Seele herzlich angenommen, dass sie nicht verdürbe; denn du wirfst alle meine Sünden hinter dich zurück.“(Jesaja 38. 17) Die Erfahrung des „Ersten Jesaja“ dürfen die Rückkehrer jetzt auch selbst machen!
Wie können wir trösten?
Kann ich das überhaupt? Die Frage stellt sich nicht, denn es ist an erster Stelle keine Frage des Könnens! Wer von Gott getröstet ist, der kann, der wird auch andere trösten. Es gilt aber auch der umgekehrte Weg: Wer anderen Halt gibt, fühlt in sich selber gehalten. Wer Trost spendet, lebt selbst getröstet. Beides ist nicht zu trennen. Wer Heil wirkt, dem offenbart sich das Heil. Wenn wir trösten, haben wir immer auch selber etwas davon.Wir können trösten durch Zuwendung und durch Zuspruch. Dabei brauchen wir vor allem Geduld zum Zuhören, dieses Geduldigsein kann ich lernen. Schwierig ist es, wenn der andere gar nichts sagt, es fällt nicht leicht, dann einfach mitzuschweigen. Aber auch das kann ich lernen. Was ich aber nicht im Voraus lernen oder üben kann: das richtige Wort zur richtigen Zeit zu finden. Das kommt von allein, so wie eine Mutter die tröstenden Worte für ihr Kind findet.
Ich wünsche uns allen, dass Gott uns tröstet, wenn wir es brauchen und dass er uns in die Lage versetzt auch andere zu trösten!
Rainer Schling