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Jesaja 60, 1

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Liebe Gemeindemitglieder, im Advent fahre ich, wie Sie aus den letzten Jahren vielleicht mitbekommen habe, gern mit einer Gruppe unserer Gemeinden zu Einkehrtagen ins Kloster Bursfelde an der Weser bei Hannoversch Münden. Auch dieses Jahr wird dies wieder so sein. Anders als die letzten Jahre nicht zu Beginn der Adventszeit, sondern in der Woche vor dem heiligen Fest. Das Kloster Bursfelde hat eine wunderbare Kirche, die ihre Wurzeln im 11. Jahrhundert hat. Für uns heute ungewöhnlich, doch für die Menschen im Mittelalter normal, hat diese Kirche keine Bestuhlung. Es ist einfach ein großer mit Säulen versehener Raum, der immer wieder neu dazu einlädt, seinen Platz zu finden. Zugleich ist er, vor allem im Winter, recht kalt. Bei der Einkehr kommen wir in dieser Kirche stets zum Morgen- und Abendgebet zusammen. In der Adventszeit ist es draußen dabei natürlich dunkel. Und auch der Kirchraum ist es. Wenn man nicht ein kleines Licht zur Hand hat, kann man kaum etwas erkennen. Für gewöhnlich haben wir aber ein Licht dabei. Insbesondere für Morgen- und Abendgebet werden Kerzen entzündet. Der Effekt ist nicht überraschend, doch für mich jedes Mal etwas unglaublich Schönes: Das Licht bringt die Kirche zum Leuchten. Die kalten Wände der Kirche bekommen Wärme. Und die sich versammelnden Menschen und ihre Gesichter sind auf eine warme Art und Weise zu erkennen. Die Wärme des Lichts überträgt sich auf mein Inneres. Ich bin erfüllt. „Mache dich auf und werde licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des HERRN geht auf über dir!“, so lautet ein bekanntes Bibelwort aus dem Buch des Propheten Jesaja. Ein Buch, in dem Dunkelheit allenthalben zu spüren ist: Unheil, Knechtschaft, Unfreiheit – das sind negative Themen, die sich durch das Buch ziehen. Im Fokus steht dabei oft das Volk Israel, dessen Gefangenschaft im babylonischen Exil auf vielfältige Weise in den Texten verarbeitet wird. Doch es gibt nicht nur Negatives, es findet sich auch Positives: Heil, Befreiung, Neuanfang. Das Volk Israel entkommt der Gefangenschaft. Die Dunkelheit weicht dem Licht – weil Gott zum Licht des Volkes wird. Dunkelheit spüre ich in den letzten Jahren auf vielfältige Weise. Sie, liebe Leser*innen, wohl möglich auch. Die vielen Krisen, die wir in der jüngeren Zeit erleben müssen, brauchen hier wohl nicht gesondert aufgeführt werden – so sehr sind sie uns präsent und betreffen uns. Die erhellende Bewegung im Jesajabuch, die Wendung der Dunkelheit in Licht, diese Dynamik macht mir Hoffnung. Denn sie bewahrt davor, den Fokus auf den negativen Strudel der gegenwärtigen Dunkelheit zu richten. Vielmehr verändert sie die Perspektive und lässt den Blick sinnbildlich nach oben schweifen: Gottes Herrlichkeit geht über mir auf – was für ein wunderbarer Gedanke! Können Sie sich das für sich selbst vorstellen? Dass Gottes Herrlichkeit über Ihnen aufgeht? Versuchen Sie, dass einmalig innerlich zu spüren, dass Gottes Licht über Ihnen erstrahlt. Mir erwärmt es das Herz. Es erwärmt mein Inneres. Das, was ich beim Kerzenschein in der kalten und dunklen Bursfelder Kirche in physisch-leiblicher Gestalt erfahre, überträgt sich bei mir beim Nachvollziehen des wunderbaren Gedankens aus dem Jesajabuch in geistlich-seelischer Art. Das gibt mir neue Kraft für das Leben in der gegenwärtigen Welt. Und es motiviert mich, selbst licht zu werden, und mich aufzumachen, wie es der Monatsspruch zu Beginn formuliert. Vielleicht ist das bei Ihnen ja auch so. Ich wünsche Ihnen zumindest in dieser Advents- und Weihnachtszeit viel von der Wärme des göttlichen Lichts. Mögen Sie erleben, dass seine Herrlichkeit über Ihnen aufgeht und Sie zum Strahlen bringt. In diesem Sinne, mit herzlichen Grüßen und Segenswünschen für die Advents- und Weihnachtszeit, Ihr Pfarrer Dr. Gregor Bloch