Die Liebe – so aussagekräftig und stark wie ein Siegel
„Da kann ich Dir Brief und Siegel darauf geben!“, das sagen wir, wenn wir eine Sache für ganz sicher halten.
Unter wichtigen Urkunden, die uns bestätigen, was verhandelt wurde und gelten soll, finden wir deshalb neben den Unterschriften ebenfalls das Siegel der entsprechenden Institution. Siegel bestätigen uns, dass ein Brief oder eine Tür nicht geöffnet wurde. Und das deutsche Wort „Siegel“ stammt von dem lateinischen Wort „signum“ ab, das übersetzt Zeichen bedeutet.
„Lege mich wie ein Siegel auf dein Herz, wie ein Siegel auf deinen Arm. Denn Liebe ist stark wie der Tod.“,
so lesen wir im biblischen Buch des Hohenliedes, der Monatsspruch für den Monat Juni, der gerade beginnt, wenn Sie den Gemeindebrief in Händen halten.
Das Hohelied spricht, so kann man dem Umfeld dieser Worte entnehmen, von der menschlichen Liebe, mit der sich zwei Menschen körperlich nahe fühlen. Das Leben ohne einander können sie sich nicht vorstellen. Und deshalb bittet die eine Person die andere:
„Lege mich wie ein Siegel auf dein Herz, wie ein Siegel auf deinen Arm. Denn Liebe ist stark wie der Tod.“
Nicht enden soll also, was dem Leben so guttut, und was erst der Tod, ja noch nicht einmal der, voneinander trennen kann. Denn die Liebe kann durch ihn kaum ausgelöscht werden, so eine feste und unverbrüchliche Verbindung ist sie.
Denn: „Ihre Glut ist feurig und eine gewaltige Flamme. Viele Wasser können die Liebe nicht auslöschen noch die Ströme sie ertränken.“, wie weiter im Buch des Hohenliedes über die Liebe gesagt wird.
Lebt die Liebe, so die Botschaft dieses biblischen Buchs, lebt die Liebe als Liebe zwischen ganz eng verbundenen Partnerinnen und Partnern, lebt die Liebe aber auch als Liebe zwischen allen Menschen als verbindende Kraft, die imstande ist, bestehende Unterschiede zu überbrücken.
So beschreibt das Hohelied mit der Liebe, was uns Menschen gut zusammenleben lässt, ja was uns erst wahrhaft menschlich macht und als eine große „Menschheitsfamilie“ zusammenschließt.
Denn von Gott geliebte Menschen sind wir alle, ohne jegliche Ausnahme. Auch auf seine, auf die göttliche Liebe können wir so die Worte des Hohenliedes beziehen. Seine Liebe wird in der menschlichen Liebe ebenfalls besungen, ein In- und Miteinander, das sich gegenseitig bedingt und nur schwer voneinander zu trennen ist.
Menschliche Liebe erhält ihre Kraft und Stärke durch die göttliche Liebe. Und diese wird weitergetragen, wenn Menschen einander lieben, achten und sich respektieren. Oder wenn sie einfach in einer Atmosphäre miteinander leben, in der Menschen aufeinander schauen und sich nicht übersehen.
Denn darin erfüllt sich die göttliche Liebe, die so stark ist, dass ich jederzeit „Brief und Siegel“ darauf bekommen kann. In Zeichen wird sie für mich erfahrbar.
Und leben kann ich sie, auch in unseren gerade so verunsichernden Zeiten, wenn ich weitertrage, was Gottes Liebe begonnen hat und was sich einmal ganz durchsetzen wird.
Das meint
Ihr Pfarrer Matthias Zizelmann
Juni 2022