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Habakuk 3, 28

Nicht zu Unrecht hat man Habakuk den „Hiob der Kleinen Propheten“ genannt. Nirgends in der ganzen Heiligen Schrift wird Gott kühner angeredet als hier. Die Zeit des Habakuk war durch Gewalt, Streit und Abtrünnigkeit gekennzeichnet. Habakuk leidet unter den Zuständen seiner Zeit , er spricht seine Klage unmittelbar und unmissverständlich vor Gott aus.

Warum lässt Du, Gott, das Böse gewähren und den Gerechten unterdrücken? Wie lange, HERR, rufe ich schon um Hilfe, und Du hörst mich nicht! Wie lange schreie ich zu Dir: Gewalttat! - doch Du rettest nicht? Waruan_hab3_28.jpgm lässt Du mich Unrecht sehen und schaust dem Verderben zu, so dass Verwüstung und Gewalttat vor mir sind, Streit entsteht und Zank sich erhebt?

In vielem können wir unsere Zeit heute darin wiedererkennen. Habakuks Fragen sind immer noch aktuell.

Habakuk versteht die Geduld Gottes mit den Zuständen seiner Zeit nicht.

Trotzdem jubelt er, kann er sich freuen mitten in der Zeit der Bedrängnis:

„Ich will jubeln über den Herrn und mich freuen über Gott, meinen Retter.“

Wo gibt es heute bei uns Anlass zu Jubel? Bei der Europameisterschaft der Schwimmer sahen wir z.B. eine jubelnde Franziska van Almsick. Nach hartem Training hat sie fünf Goldmedaillen gewonnen, da kann man schon die Arme hochreißen und jubeln. Ein berechtigter Jubel über die erbrachte außergewöhnliche Leistung. In den Fußballstadien wird auch wieder gejubelt. Tausende reißen die Arme hoch und schreien. Es ist so, als ob jeder Fan selbst das Tor geschossen hätte. Es gibt jeden Samstagnachmittag organisierten Jubel. Offensichtlich jubeln wir gern, am liebsten in der Masse.

Bei dem kritischen Geist Habakuk ist das anders, nicht die eigene menschliche Leistung oder die Zustände in der Welt werden bejubelt. Da ist auch kein organisierter Jubel. Sein Glaube bringt ihn zum Jubel. Er freut sich über Gott, dem er gerade noch mit seinen drängenden Fragen im Ohr lag.

Jubel über Gott?

Der Glaube versetzt mich in einen Freudenzustand? Auch heute flüchten manche Menschen in religiöse Ekstase. Sie vergessen alles um sich herum, sie schweben in anderen Sphären. Ist diese Ekstase gemeint?

Habakuk ist kein Flüchtling, er ist viel zu realistisch, die meisten Fragen bleiben für ihn noch unbeantwortet, und trotzdem Jubel.

Im Gegensatz zum Sportler bejubelt Habakuk nicht die eigene Leistung, im Gegensatz zum Fußballfan taucht er auch nicht in einer jubelnden Masse unter. Er freut sich schlicht über die zu erwartende Rettung durch Gott.

Gott wird mich nicht im Stich lassen. Es gibt Lebenslagen, in denen wir uns selbst nicht mehr helfen können. Die Lawine des Schicksals hat so manchen überrollt und unter sich zugedeckt. Wie soll es weitergehen? Da muss schon einer kommen, der uns da herausholt. Gott will unser Retter sein, da ist sich Habakuk trotz allem sicher.

Christlicher Glaube führt auch heute in dankbare Freude und manchmal sogar zum Jubel.

Gott hat viele Wege der Rettung für uns: Zuwendung und Liebe, ein gutes Wort, ein Stück Wegbegleitung, die unerwartete Änderung der äußeren Umstände, Versöhnung, Hoffnung.

Wir haben allen Grund, uns zu freuen.

Rainer Schling