Die Adventszeit hat bereits begonnen, die Zeit der Erwartung und Vorbereitungen auf das Weihnachtsfest. Altbewährte Plätzchenrezepte, die letzten Geschenke für liebe Menschen, die abgelegenen Bienenwachskerzen vom Vorjahr, die Weihnachtswichtel, den Christbaumständer nach dem Umzug, Ruhe und Zeit für mich allein – was habe ich nicht schon alles gesucht in diesen Wochen vor Weihnachten.
Weihnachten selbst– eine große Suche. Warum? Weil Weihnachten eigentlich immer wieder neu nach Gott sucht. Wo ist Gott? Wo finden wir Menschen Gott? Das sind die weihnachtlichen Fragen und Suchbewegungen in unseren Herzen. Wie ist Gott? Wie finden wir Gott? Das sind die weihnachtlichen Suchbewegungen in unseren Seelen.
Weihnachten gibt uns darauf überraschende Antworten: Gott ist nicht groß, sondern klein; kein König, sondern ein Kind; nicht göttlich, sondern menschlich. Überraschende Gegensätze sind zu benennen. Gott ist oft da zu finden, wo wir ihn nicht vermuten.
Auch die Reformation war eine große Suche. Zuerst die Suche des einzelnen Menschen Martin Luther nach Antwort auf die ihn bedrängenden Fragen. Wie werde ich Gott recht?
Wo ist Gott und wie ist Gott? Vor 500 Jahren wurde Martin Luther deutlich, was die Bibel mit Glauben eigentlich meinte. Und mit der Veröffentlichung seiner Thesen teilte Luther öffentlich mit, was er von Gott hält und glaubt: Gott ist Gnade! Das hätte damals kaum jemand für möglich gehalten. Martin Luther suchte weiter nach Antworten und er fand sie in der Bibel – er entdeckte dort einen Gott wieder, der vollkommen anders war als damals angenommen. Reformation als Aufforderung zur Suche an uns Menschen heute.
Glaube an sich ist immer eine Suche des Menschen nach Gott. Zu allen Zeiten. Und vermutlich brauchen wir Menschen für diese Suche ein ganzes Leben lang.
Das Such-Jahr 2016 neigt sich seinem Ende und inzwischen ist das neue Jahr nicht mehr weit entfernt. Und dann wird an vielen Orten „500 Jahre Reformation“ gefeiert. 2017 soll uns allen die Erinnerung an die Reformation von 1517 ganz nahe bringen – als der Beginn unserer protestantischen Geschichte.
Reformation – das bedeutet, Gott und Ich als Mensch sind uns direkt gegenüber. Nicht völlig gleichberechtigt, aber es steht nichts und niemand zwischen Gott und einem Menschen. Kein Priester, keine Pfarrerin und keine Kirche. Nicht ich als Mensch selber, sondern Gott sorgt unmittelbar für mein Recht- und Heil-Sein. Gott bin ich als Mensch recht und was schief läuft, wird von ihm zurecht gebracht. Das Geschenk der Zuständigkeit Gottes im Glauben annehmen zu lernen, die Abhängigkeit von Gott zu ertragen und auf Gottes Güte zu vertrauen – das ist die Aufgabe an uns Menschen.
Wer diese Aufgabe annimmt, das wusste Martin Luther, die und der wird erhört von Gott. Wer sich nicht größer macht, als sie oder er ist, wird von Gott groß gemacht. Und damit hat Gott schon lange begonnen. Seinen Propheten Ezechiel lässt er sagen: „Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.“ (Ez 36, 26) Welch‘ ein Versprechen steckt da in der Jahreslosung 2017. Die Erneuerung von uns als Menschen beginnt. Sie beginnt in dem Augenblick, in dem wir die von Gott gestellte Aufgabe an uns annehmen.
Das Verhältnis zwischen Gott und Mensch – ein schwer zu erklärendes ineinander. Ich traue Gottes Versprechen – und es wird bei mir wahr. Immer wieder suche ich vor Gott danach, wie es besser und klarer werden kann – und es wird bei mir wahr. Die Veränderung beginnt. Ich als Mensch vertraue Gottes Zutrauen in mich und Herz und Geist erneuern sich. Eine erfrischende Erkenntnis, die unsere Ängste vor der Zukunft kleiner zu machen vermag oder sie sogar auflöst.
Irmela Lutterjohann-Zizelmann
Dezember 2016