„Du allein kennst das Herz aller Menschenkinder.“
So steht es im ersten Buch der Könige, Kapitel 8 Vers 39. Und vor etwa 3000 Jahren betet so der König Salomo: „Du allein, Gott, kennst das Herz aller Menschenkinder.“
König Salomo betet das öffentlich und laut – als er den Tempel in Jerusalem einweiht.
Dieser Tempel – es ist die erste feste Wohnung Gottes.
Bisher war die Bundeslade die Wohnung Gottes. In ihr wurden die Gebote aufbewahrt.
Und dann – nach langer Zeit des Herumwanderns – da war das Volk Israel sesshaft geworden und es wünschte sich dies auch von Gott.
Gott sollte ein Haus bekommen – und das bekam Gott mit dem Tempel.
Eigentlich wollte schon der König David einen Tempel bauen – aber wie das eben so ist mit dem „eigentlich“. So vollendete dann der Sohn Davids, Salomo, den Bau dieses Tempels.
König Salomo weiß aber zugleich: „Der Himmel und aller Himmel Himmel können Gott nicht fassen.“ Und da hat Salomo recht. Jedes „Haus Gottes“ ist eher ein Zeichen von Gottes Nähe.
Wir Menschen gehen in unsere Kirche, um unsere Sinne zu sammeln und uns Gott zuzuwenden. Damals wie heute. Und gerade jetzt in der Zeit der Corona-Krise sind unsere Kirchen wichtige Orte für viele Menschen. Um wohltuende Stille zu erfahren, sich zu sammeln, Ängste und negative Gedanken an Gott abzugeben. Oder auch, um in dieser Zeit der Krise Gott (wieder) näher zu kommen. Eine Zeit, in der wichtige Fragen nach dem Sinn und Inhalt des eigenen Lebens neu und anders gestellt werden. Oder auch, um Gott zu danken für Gesundheit, Bewahrung und das Schöne im eigenen Leben. Unsere Kirche als ein wichtiges Zeichen von Gottes Nähe – auch mit den derzeitigen Schutz- und Hygieneauflagen.
Dabei wissen wir Menschen: Gott kennt unser Herz. Gott sieht unsere Gedanken. Gott erfühlt uns. „Du allein kennst das Herz aller Menschenkinder.“ Das ist einerseits ein großer Trost. Wir Menschen müssen Gott gar nicht lange erzählen, wie uns zumute ist.
Andererseits können wir Menschen Gott nichts verbergen. Wer uns erfühlt – kennt immer viel mehr von uns als nur das Äußerliche.
Einfacher gesagt: Wir Menschen können Gott eben nichts vormachen. Wir sind vor Gott einfach das, was wir sind. Und das müssen wir vor Gott auch gar nicht lange ausbreiten – womöglich noch mit vielen Worten ausgeschmückt.
Es genügt vielmehr ein einziger Satz wie Psalm 139, 1: „Herr, Du erforschst mich und kennst mich.“ Danach können wir Menschen schon schweigen. Und uns selber erkennen im Licht des Erkennens Gottes.
Das ist doch das größte Glück im Haus Gottes – in unserer Kirche. Wenn wir Menschen diesen Ort aufsuchen, dann müssen wir uns nicht erklären. Wir dürfen schweigen und uns sehen lernen, wie wir sind – nicht nur stark, sondern auch schwach und bedürftig.
Wir sind Gottes Nähe bedürftig. Das ist vielleicht das Wertvollste, was wir Menschen über Gott wissen. Wir alle haben Gott nötig – um uns zu erkennen. Um uns nichts vormachen zu müssen über uns. Um uns nicht erklären zu müssen. Um einfach da zu sein.
Wir Menschen spielen keine große Rolle in Gottes Schöpfung. Zudem heute leider oft eine zerstörerische Rolle. Das erkennen wir. Gerade in dieser Zeit der weltweiten Corona-Krise.
Und bedürfen Gottes Nähe so besonders. Weltweit – wir alle Menschen gemeinsam.
Auch und vielleicht gerade in dieser so anders als gewohnten Sommerzeit dieses Jahr.
Dass Sie und Ihr Gottes Nähe und Fürsorge spürt, das wünsche ich allen – und natürlich eine trotz allem fröhliche Sommerzeit.
Pfarrerin
Irmela Lutterjohann-Zizelmann
Juni 2020